Samstag, 7. September 2013

Mein Guthaben am Sündenkonto

Nie. Mehr. Wieder. Denk ich mir, während ich mühsamen Schrittes mit zwei Blasen, einem eingerissenen Zehennagel und einem höllisch schmerzenden rechten Knie die letzten Höhenmeter vor Mariazell erklimme. 

Gut, der blutige Zehennagel liegt wohl eher daran, dass ich abends am feucht-fröhlichsten Tisch gesessen bin. Und vielleicht auch ein bisschen an meiner Nächstenliebe. Um ja keinen aufzuwecken bin ich im Stockdunklen die Wendeltreppe der Kirche zum Matratzenlager hochgekrabbelt - um dann doch polternd runterzustürzen. Zumindest hat der Alkohol die Schmerzen gedämmt: wenn ich nicht geblutet hätte, hätte ich das Wehwehchen zumindest zu der Stunde gar nicht mitgekriegt. 

Dennoch: 164 Kilometer - and no metre less - liegen hinter mir. Und neben mir bremst sich mein Vater ein und hämmert Durchhalteparolen. Wer mit 60 Jahren vier Tage lang die Gruppe anführt, immer wieder entschleunigt werden muss und das Holzkreuz selbst dann den Berg raufträgt, wenn es jeder andere am Fuße liegen gelassen hätte, der kann sich das wohl auch leisten. 

Endlich (!!) stehen wir am Mariazeller Ortseingang. Mann für Mann bzw. Frau für Frau gehen wir durch das Eingangstor durch. Am anderen Ende stehen die anderen Pilger und schütteln mir die Hände. Wir bejubeln uns gegenseitig, wir haben die Hürden bezwungen. 

Und als wir dann durch Mariazell gen Wallfahrtskirche marschieren, bleiben die Passanten stehen und fangen an zu klatschen. Da streck ich mich auch gleich ein bisschen gen Himmel und … bin … gerührt. Vom Pfarrer werden wir am Eingangstor der Kirche empfangen, drinnen gibt's ein paar lobende Worte und viel Segen. Und als wir rausgehen, um uns die Mühen abzuduschen / mit einem Eis zu belohnen / davor doch noch einen zu trinken, fragt Maria: "Du bist nächstes Jahr doch auch wieder dabei, gell?" Ich schau sie an und denk mir … "vielleicht". Ertappt!